Kanzlei Dr. Emrich          

Rechtsanwalt, Diplom-Kaufmann
European Trademark Attorney


Deutsche Wettbewerbsurteile

Deutsches Marken- und Wettbewerbsrecht: Entwicklungen und Entscheidungen

Unseriöse Geschäftspraktiken:
Am 20.09.2013 hat der Bundesrat dem neuen Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken zugestimmt, mit welchem u.a. Verbraucher besser vor unerlaubter Telefonwerbung geschützt werden sollen. Die Gebühren für Massenabmahnungen werden auch erheblich reduziert. In Urheberrechtsangelegenheiten gibt es den fliegenden Gerichtsstand nicht mehr gegenüber Privatpersonen. Es muss künftig an deren Wohnsitz geklagt werden.

Irreführende Geschäftspraxis:
Der EuGH (C-435/11) hat am 19.09.2013 entschieden, dass die Frage der Unlauterkeit irreführender Geschäftspraktiken aus der Sicht des Verbrauchers zu beurteilen ist. Es kommt also nicht auf einen Verstoß gegen die berufliche Sorgfaltspflicht an, vielmehr im Wesentlichen auf die Irreführung des Adressaten.

Knut – Der Eisbär:
Der EuG hat am 16.09.2013 unter dem Aktenzeichen T-250/10 die Eintragung der Marke„Knut – Der Eisbär“ für eine britische Knut IP Management Ltd. wegen Verwechslungsgefahr mit der älteren deutschen Marke für den Eisbär im Berliner Zoo „Knud“ abgelehnt. Die für den Zoologischen Garten Berlin eingetragene Marke „Knut der Eisbär“ mit der Nummer 30719885 wurde von Emrich, Schötz und Partner eingetragen.

Recht der Gleichnamigen:
Das OLG Düsseldorf (I-20 U 67/12) entschied, dass die eingetragene Marke „Der Wendler“ wieder zu löschen sei, da sie die Rechte der unter dem Künstlernamen Michael Wendler auftretenden, eigentlich einen anderen bürgerlichen Namen tragenden Person verletzte. Frank Wendler hatte aus seiner Marke „Der Wendler“ gegen Michael Wendler auf Unterlassung der Namensnutzung geklagt, woraufhin dieser Widerklage auf Löschung der Marke „Der Wendler“ erhoben hatte. Das Gericht befand, dass auch ein Künstlername Schutz genieße, so dass beide Namen gleichmäßig nebeneinander stünden. Jede Seite könne daher der anderen die Nutzung des Nachnamens in Alleinstellung verbieten, während die Nutzung von Vor- und Nachname beiden Seiten erlaubt sei.

Verwirkung des Unterlassungsanspruchs (Hard Rock):
Am 15.08.2013 entschied der BGH (I ZR 188/11) dass die Nutzung des Restaurant-Namens „Hard Rock Cafe Heidelberg“ durch die Hard-Rock-Gruppe nicht mehr verboten werden könne, weil diese seit 1992 davon wusste, damals aber den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wieder zurückgenommen hatte. Es gilt der Grundsatz, dass derjenige, der in Kenntnis einer Markenverletzung untätig bleibt, seine Rechte verwirkt. Im konkreten Fall wurde klargestellt, dass die Nutzung des Hard-Rock-Logos für die Produkte allerdings nicht zulässig sei. Insoweit war keine Verwirkung eingetreten.

Bilder aus dem Bereich der Zeitgeschichte:
Über das Strafverfahren gegen einen Prominenten darf zwar berichtet werden, allerdings ist das Bild des Prominenten auf dem Wege zu seinem Strafverteidiger kein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Es handelt sich vielmehr um ein Bild aus dem Privatbereich, das folglich nicht veröffentlicht werden darf. So entschied das LG Köln, AZ: 28 O 371/12.

Bilder von Grundstücken zu Werbezwecken:
Der BGH hat am 01.03.2013 (AZ: VZR 14/12) erneut bestätigt, dass Bilder von Grundstücken oder Bauwerken ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers nicht kommerziell verwertet werden dürfen. Dies gilt sowohl für die Grundstücke von Privatpersonen als auch beispielsweise für öffentlich-rechtliche Bauten.

Videoaufnahmen von Angestellten:
In Jena wurde ein Zahnarzt zu einer Freiheitsstrafe verurteilt (AZ: 431 Js 6285/12), der in seiner Praxis Videokameras installiert hatte, die auch einen Raum überwachten, in dem sich die Angestellten umzogen. Eine Videoüberwachung kann also auch zu einem Strafverfahren führen, wenn sie den höchstpersönlichen Lebensbereich anderer berührt.

Maßgeblicher Zeitpunkt für Feststellung der Unterscheidungskraft:
Der BGH hat am 18.04.2013 unter dem AZ: I ZB 71/12 seine Rechtsprechung zur Frage, ob einer angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft fehlt, insoweit geändert, als nicht mehr auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung der Marke abzustellen ist, sondern auf den Zeitpunkt der Anmeldung. Diese Rechtsprechungsänderung war notwendig, weil es nicht darauf ankommen darf, wie die Situation im Markt sich bei Ende eines über Jahre dauernden Anmeldeverfahrens darstellt, sondern in dem Zeitpunkt, in dem die Eintragung des Zeichens als Marke begehrt wird, also bei der Anmeldung.

Namensrechtliche Ansprüche auf Übertragung einer Domain sind möglich:
Das LG Stuttgart hat am 26.09.2013, AZ: 17 O 1069/12, entschieden, dass bei .eu Domains gerichtlich auf eine Übertragung der Domain entschieden werden kann. Da ein gesetzliches Verfahren auf der Basis einer europäischen Verordnung vorgesehen sei, in welchem eine Übertragung der Domain angeordnet werden könne, müsse das Gericht auch bei der dagegen vorgesehenen Klage die Möglichkeit bestehen, entsprechend ADR-Verfahren auf Übertragung der Domain zu entscheiden. Bei .de Domains ist das nicht möglich. Bei diesen wird auf Löschung entschieden. 

Produktbeschreibungen bei amazon:
Wenn die Produktbeschreibung bei amazon für ein No-Name-Produkt übernommen wird von einem (identischen oder praktisch identischen) Markenartikel mit dem Hinweis „von …“, dann wird damit die Marke oder das Unternehmenskennzeichen des Markenartiklers für das No-Name-Produkt genutzt. Es liegt also eine unzulässige Kennzeichenverwendung vor. So hat zutreffend das LG Stuttgart am 12.09.2013 entschieden, Az. 17 O 1263/13. 

Bewertungen und unzutreffende Tatsachenäußerungen: 
Für E-Bay-Händler werden häufig Bewertungen abgegeben. Negative Bewertungen müssen E-Bay-Händler dulden, weil es sich normalerweise um Werturteile handelt. Wird allerdings bei der Bewertung auf Tatsachen hingewiesen, die so nicht zutreffen (Betrugsvorwurf) dann muss das kein Händler hinnehmen. Das LG Köln hat deshalb den (mit unzutreffenden Tatsachendarstellungen) Bewertenden am 31.07.2013 zur Unterlassung verurteilt, Az. 28 O 422/12. 

AdWords-Werbung als Markenrechtsverletzung 
Nach den letzten Entscheidungen des EuGH hatte man den Eindruck, dass die Verwendung fremder Marken als AdWords für die Einbindung eigener Werbung nicht markenrechtswidrig, sondern zulässig sei. In der Entscheidung BEATE UHSE vom 20.02.2013, Az. I ZR 172/11, hat nun der BGH aber klargestellt, dass der Schutz bekannter Marken gegen eine Ausnutzung ihrer Wertschätzung sich auch auf die unlauterer Verwendung solcher AdWords bezieht. Die Werbewirkung bekannter Marken darf also auch nicht durch AdWords ausgenutzt werden. 

Testsieger
Wenn die Stiftung Warentest mehrere Produkte zusammen auf den ersten Platz stellt, darf keiner von deren Herstellern damit werben, dass sein Produkt „Testsieger“ geworden sei. Immerhin werden bei einem solchen Testergebnis mehrere Produkte gleich gut beurteilt, so dass es einen einzigen Sieger nicht gibt. Dies hat das Hanseatische Oberlandesgericht im Verfahren 3 U 142/12 so entschieden. 

Ordnungsgemäße Nutzung einer Bildmarke durch Verwendung einer Wort-/Bildmarke
Obwohl der allgemeine Grundsatz gilt, dass Wortbestandteile eher prägend für eine Marke sind als Bildbestandteile, hat der EuGH im Verfahren C 252/12 entschieden, dass die Verwendung einer Wort-/Bildmarke ausreichend sein kann zum Nachweis der ordnungsgemäßen Nutzung einer entsprechenden Bildmarke. Es kommt dabei entscheidend darauf an, ob die Bildmarke im Einzelfall noch vom Verkehr als solche erkannt wird, also der kennzeichnende Charakter des Bildes für den Verkehr so prägend ist, dass schon allein das Bild als Kennzeichnung der Herkunft des Produktes aus einem bestimmten Unternehmen angesehen wird. In einem solchen Fall stört es auch nicht, wenn die Wort-/Bildmarke selbst ebenfalls als Marke eingetragen ist. 

„Factory Outlet“ als Werbeaussage
Der BGH hat am 24.09.2013 unter dem Az. I ZR 89/12 entschieden, dass mit der Werbeaussage „Factory Outlet“ auf einen Fabrikverkauf unter Ausschaltung des Groß- und Zwischenhandels hingewiesen werde, der dementsprechend preiswert sei. Wenn diese Aussagen nicht zutreffen, liegt also eine unzulässige, weil irreführende Werbung vor. 

„mindestens 1 000-Mal weniger schädlich“ als unzulässige Werbeaussage
Die Werbeaussage „mindestens 1 000-Mal weniger schädlich als eine Tabak-Zigarette“ für eine E-Zigarette ist unzulässig, weil der Hinweis auf geringere Risiken das Gesundheitswesen betrifft, bei welchem Werbeaussagen nur dann zugelassen sind, wenn sie auf einer gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnis beruhen. So OLG Hamm 22.10.2013, 4 U 91/13. 

Urheberrechtsschutz statt Geschmacksmusterschutz?
Der BGH hat in einem Urteil, AZ: I ZR 143/12, jetzt entschieden, dass auch für allgemeine Gebrauchsgegenstände ein Urheberrechtschutz bestehen kann, selbst wenn diese gar nicht so stark eigenartig gestaltet sind. Dies hat zur Folge, dass für Produkte, die bislang höchstens als Geschmacksmuster geschützt werden konnten, jetzt ein (ohne ein formelles Verfahren entstehender) Urheberschutz denkbar ist. Dementsprechend lässt sich praktisch nicht mehr überprüfen, ob eine bestimmte Art der Gestaltung vielleicht doch schon für einen Dritten geschützt ist, weil Urheberrechte nun einmal nicht registriert werden. Anlass zu dieser Entscheidung war die Gestaltung eines Spielzeugzuges, der sich zu einem Verkaufsschlager entwickelte, weshalb die Designerin nachträglich noch eine Beteiligung am Umsatzerfolg einklagte. 

„einem-Freund-empfehlen“ = Werbung machen
Der Bundesgerichtshof hat am 12.09.2013 zum AZ: I ZR 208/12 entschieden, dass die durch Dritte unter Betätigung des „empfehlen-Buttons“ vorgenommene Weiterleitung aus der Website eines Unternehmens als eine Werbung dieses Unternehmens anzusehen ist. Dass ein Dritter erst die Weiterleitung durchgeführt hat, ist nicht entscheidend. Wenn ein Unternehmen durch einen Button „empfehle ich“ bzw. „gefällt mir, weiterleiten“ die Weiterversendung ermöglicht, hat es selbst als Werbender für die möglicherweise unzulässige Spam-Werbung einzutreten. Das Unternehmen kann also zur Unterlassung verurteilt werden. 
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